Moderne Tasteninstrumente
Gemeinsam ist den Tasteninstrumenten nur die Spieltechnik, ganz unterschiedlich ist hingegen die Art der Klangerzeugung. Angeschlagene Saiten hat das das Klavier, angerissene Saiten das Cembalo. Die Orgel und das Positiv, eine Kleinorgel, gehören von der Klangerzeugung her zu den Blasinstrumenten. Schließlich gehören auch einige elektrische Musikinstrumente wie E-Orgel und E-Piano zu den Tasteninstrumenten. Außerdem muss verwiesen werden auf die Celesta.
Klavier
Das Klavier gibt es in zwei Bauformen: das Pianino ist das Instrument mit senkrecht verlaufenden Saiten, das im allgemeinen als Klavier bezeichnet wird; der Flügel ist die Bauform mit waagrecht verlaufenden Saiten. In den Noten werden beide Instrumentenformen als »Klavier«, »Pianoforte« oder kurz als »Piano« bezeichnet. Das Kleinklavier ist ein etwas niedrigeres Pianino, dessen Saiten kürzer sind als beim normalen Klavier. Im Konzertsaal und bei Aufnahmen wird fast immer ein Flügel gespielt; zum häuslichen Musizieren dient meist das Klavier, da es wesentlich weniger Platz als der Flügel benötigt.
Der Flügel hat - verglichen mit dem Klavier - größere Klangfülle; seine Tonqualität, besonders der ganz tiefen und ganz hohen Töne, ist bedeutend besser. Der Klangunterschied in der mittleren Tonlage ist geringer.
Stutzflügel haben eine Länge bis etwa 180 cm, Salonflügel bis etwa 250 cm und Konzertflügel bis 290 cm. Größere und kleinere Pianinos unterscheiden sich in erster Linie durch ihre Höhe.
Die Kraftübertragung von der Taste zu dem Hämmerchen, das die Saiten anschlägt, ist die »Mechnik« des Klaviers. Die sinnreiche Erfindung dieser Mechanik hat den Siegeszug des Klaviers im 19. Jahrhundert überhaupt erst ermöglicht und es zu einem der meistgespielten und universellsten Musikinstrumente gemacht. Die Mechaniken von Flügel und Klavier sind im Prinzip gleich konstruiert. Dadurch, dass beim Flügel die Saiten waagrecht verlaufen und die Hämmerchen somit senkrecht anschlagen, kann bei ihm die Schwerkraft einiger Mechanikteile genutzt werden, die beim Klavier durch Federn ersetzt werden muss. Daraus ergeben sich einige qualitative Vorteile der Flügelmechanik.
Durch das Niederdrücken einer Taste wird der zugehörige Hammer zur Saite hin bewegt. Je schneller, das heißt kräftiger die Taste gedrückt wird, um so größer ist die Geschwindigkeit des Hammers beim Auftreffen auf die Saite. Die letzten Millimeter seines Weges fliegt der Hammer allein; er wird nicht mehr durch den Tastendruck beschleunigt, da zwischen Taste und Hammer kein Kontakt mehr besteht. Durch den Anschlag kann also nur die Hammergeschwindigkeit beim Auftreffen auf die Saite und damit die Lautstärke beeinflusst weerden. Spricht man von »weichem« oder »hartem« Anschlag, bezieht sich das nur auf die Lautstärke. »Weicher« und »harter« Anschlag wird dennoch vielfach so verstanden, als ob er mit der Lautstärke nichts oder nur wenig zu tun hätte. Dann meint man meist die Art und Weise, wie die Töne aufeinanderfolgen, ob ein Ton in den nächsten hineinklingt, ob der nächste Ton genau anschließt oder ob eine kleine Pause dazwischen liegt.
Wird die Taste losgelassen, dann dämpft ein Filzdämpfer die Saite ab. Der Pianist kann das verhindern, indem er auf das rechte der Padale oder - wenn dies vorhanden - auf das mittlere sogenannte Tonhaltepedal tritt. Das mittlere Pedal entdämpft dann nur die gerade gedrückten Tasten. Das rechte Pedal entdämpft dagegen alle Saiten, die können nun ein wenig mitklingen, auch wenn die zugehörige Taste nicht angeschlagen wurde.
Die Funktion des linken Pedals ist bei Klavier und Flügel verschieden: Beim Klavier werden durch das Niederdrücken des Pedals alle Hämmerchen den Saiten nähergebracht, so dass ihre Geschwindigkeit und damit die Lautstärke geäßigt wird. Beim Flügel dagegen verschiebt sich die gesamte Mechanik einschließlich der Tasten bei der Betätigung des linken Pedals ein wenig nach rechts. Dabei treffen die Hämmerchen nur noch zwei Saiten; die Klangfarbe wird etwas weicher. Jeder Taste sind nämlich mit Ausnahme der Basslage drei Saiten zugeordnet, die dicht nebeneinander laufen und gleich gestimmt sind.
Die Kraft, die die gespannten Saiten auf das Instrument ausüben, kann von einer reinen Holzkonstruktion nicht mehr aufgefangen werden. Wegen der Erhaltung der Stimmung des Instruments muss eine sehr hohe Formstabilität gewährleistet sein. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts sorgt hierfür ein gusseisener Rahmen.
E-Piano
Bei Rock- und Popkonzerten werden große Verstärker- und Lautsprecheranlagen im Konzert eingesetzt. Hierfür eignen sich Musikinstrumente, die direkt elektrische Signale abgeben, besser als akustische Musikinstrumente, die erst über Mikrofone aufgenommen werden müssen. So wurde auf diesem Sektor aus diesem Grund, aber auch aus Gründen der Klangformbarkeit die akustische Gitarre duch die E-Gitarre ersetzt, aber auch das akustische Piano musste vielfach dem E-Piano weichen. Wie bei der E-Gitarre ist die Vielfalt in Bauform und Klang groß.
Eine Gruppe von E-Pianos stützt sich in der Klangerzeugung auf das akustische Klavier: Saiten oder Metallplättchen werden durch Hämmerchen angeschlagen, die Schwingung wird elektrisch verstärkt und geformt. Diese Instrumente sind noch relativ schwer und erinnern vielfach an ihre akustischen Vorbilder.
Elektronische E-Pianos können entweder in analoger oder digitaler Technik aufgebaut sein. Analoge E-Pianos, deren Klänge von einem einzigen Generator abgeleitet werden, bieten einige Vorteile wie Transponierbarkeit, Stimmmbarkeit, diverse Effekte, Einstellung verschiedener Klangvarianten (z. B. Honky Tonk Piano) und anderer Instrumente wie Celesta, Cembalo u. a. Oft ist das E-Piano auch Bestandteil von E-Orgel oder Synthesizer.
Beim digitalen E-Piano gibt es einmal das Prinzip der synthetischen Klangerzeugung, bei der Schwingungsverlauf und -einhüllende durch ein Programm bestimmt werden. Prinzipielle Unterschiede zu einem Computersynthesizer gibt es nicht. Digitale E-Pianos, die mit gespeicherten Naturklängen arbeiten (Preset), liefern einen natürlichen Klang; es handelt sich im Prinzip um einen spezialisierten Presetmusikcomputer.
Cembalo
Beim Cembalo werden die Saiten gezupft, besser gesagt angerissen; die Mechanik kann hierfür viel einfacher sein. Durch diese Art des Anschlags hat der Cembalist keinerlei Einfluss auf die Tongebung oder Lautstärke. Das Cembalo hat jedoch im allgemeinen mehrere »Register«, mit denen Klangstärke und Klangfarbe verändert werden können. Ein Register ist ein Satz Saiten, für jede Taste eine. Die unterschiedlichen Klangstärken kommen einerseits von den unterschiedlichen Klangstärken der einzelnen Register, mehr noch aber von der Möglichkeit, mehrere Register gleichzeitig einzuschalten. Die Register unterscheiden sich in ihrer Klangfarbe. Sie haben die Namen »Achtfuß« (8´), »Vierfuß« (4´) und »Sechzehnfuß« (16´). Das 8´-Register ist das normale Register, das 4´-Register klingt eine Oktave höher als notiert, das 16´-Register eine Oktave tiefer als notiert. Viele Cembali haben zwei 8'-Register verschiedener Klangfarbe. Die Register werden in der Regel durch Pedale eingeschaltet. Große Cembali haben zwei Klaviaturen, sie werden Manuale genannt.
Harmonikainstrumente
Eine besondere Art von Tasteninstrumenten sind die Harmonikainstrumente. Die Töne dieser Instrumente werden mit abgestimmten Metallzungen erzeugt, die durch einen Luftstrom zum Schwingen angeregt werden. Er wird durch einen Blasebalg erzeugt, der mit den Armen des Spielers bewegt wird. Das erste Harmonikainstrument wurde 1822 (»Handäoline«) bzw. 1829 (Akkordeon) gebaut.
Das am weitesten verbreitete Harmonikainstrument ist das Akkordeon. Zwischen den beiden Spielteilen befindet sich der Balg, der vom Spieler dauernd auseinandergezogen und zusammengedrückt wird. Links vom Balg ist der Bassteil; er ist meist mit Knöpfen versehen, seltener noch zusätzlich mit Klaviertasten. Mit den Knöpfen können Einzeltöne und ganze Akkorde (daher der Name Akkordeon) gespielt werden. Rechts vom Balg ist der Melodie- und Diskantteil; er trägt die Klaviertasten für das melodische Spiel, selten sind sie durch Knöpfe (Knopfakkordeon) ersetzt. Akkordeons haben verschiedene Register (8', 4', 16', Tremoloregister). Nur in Akkordeon-Ensembles wird die sogenannte Bassorgel verwendet, ein Bass-Akkordeon, das im Gegensatz zum Akkordeon im Bassbereich Klaviertasten besitzt und damit melodisch spielen kann.
Ein einfacheres Harmonikainstrument ist die Handharmonika oder Ziehharmonika, auch Klubharmonika genannt. Auch sie hat mehrere Register. Wie die Mundharmonika gibt die Handharmonika verschiedene Töne, je nachdem, ob die Luft von vorn oder hinten einströmt (Druck- und Zugluft). Da das Instrument außerdem nur diatonisch ist, d. h. da ihm sozusagen die schwarzen Tasten fehlen, sind die musikalischen Möglichkeiten dieses Instruments eingeschränkt. Das Bandonion ist ein in seiner Form quadratisches Harmonikainstrument, bei dem jedem Ton ein Knopf zugeordnet ist, also keine Akkorde im Bassbereich. Ähnlich ist die Konzertina gebaut.
Orgel
Die Orgel ist das größte, technisch aufwendigste und komplizierteste Musikinstrument; sie ist zugleich das klanglich am stärksten wandelbare. Ihr Platz ist hauptsächlich die Kirche. Aber auch als reines Konzertinstrument gewinnt sie zunehmend an Bedeutung.
Die Orgel ist im Grunde eine Kombination vieler Holzblasinstrumente. Jeder Taste sind Pfeifen mit unterschiedlichem Klangcharakter zugeordnet. Sie können gleichzeitig als Ganzes klingen, es können aber auch nur einzelne Pfeifen beliebiger Zusammenstellung eingeschaltet werden. Entsprechend dem komplizierten Bau der Orgel gibt es viele Konstrunktionsformen.
Wenn der Organist eine Taste niederdrückt, wird diese Bewegung durch die »Traktur« auf das »Spielventil« übertragen. Was geschieht dabei? Das elektrische Gebläse erzeugt in der abgeschlossenen »Windkammer« einen Luft-Überdruck. Durch das geöffnete Spielventil strömt Luft in die »Tonkanzelle« ein und von da in die Pfeife. Wird das Spielventil durch Loslassen der Taste geschlossen, so wird augenblicklich die Luftzufuhr zu den Pfeifen unterbrochen.
Damit nicht immer alle Pfeifen auf der Kanzelle ertönen, gibt es eine Einrichtung, mit der man die Luftzufuhr zu einzelnen Pfeifen unterbrechen kann. Bei herausgezogener »Schleife« ist der Luftdurchgang von der Tonkanzelle zu der entsprechenden Pfeifenreihe unterbrochen. Eine Reihe gleichartiger Pfeifen heißt Register.
Nach diesem Überblick über das Prinzip der Orgel folgen Erläuterungen zu den einzelnen Funktionsgruppen:
Der Spieltisch ist das zentrale Schaltwerk der Orgel. Wichtigster Bestandteil sind die »Manuale«. Manuale werden die Klaviaturen, die Tastenreihen, genannt. Während ein Klavier immer nur eine Klaviatur (ein Manual) hat, haben schon kleine Orgeln zwei, mittlere Orgeln drei oder vier, sehr große Orgeln fünf, nur ganz selten noch mehr Manuale. Weiterhin gibt es eine Tastenreihe für das Spiel mit den Füßen, das sogenannte »Pedal«, mit großen Fußtasten. Links und rechts der Manuale ist eine größere Anzahl von Bedienungselementen, das können entweder Wipptasten oder Knöpfe zum Herausziehen sein. Sie sind für die Anwahl der Register da. Außerdem gibt es die Möglichkeit, Manuale miteinander zu verkoppeln und bestimmte Registerkombinationen vorzuwählen, die dann gemeinsam mit einem Knopfdruck eingeschaltet werden und vieles mehr.
Die Weiterleitung der Schaltbefehle vom Spieltisch zu den Ventilen, die die Luft zu den Pfeifen freigeben oder die Register einschalten, ist die Traktur. Es gibt heute drei verschiedene Traktursysteme, sie können auch kombiniert werden:
- Mechanische Traktur: Alle Schaltbefehle des Spieltisches werden rein mechanisch übertragen. Diese Traktur wurde bis vor etwa hundert Jahren ausschließlich angewendet. Heute ist sie bei Orgelneubauten wieder vielfach die Norm. Sie wird als das beste Traktursystem anerkannt, da sie über den Tastenanschlag einen Einfluss auf die Tongebung ermöglicht. Bei sehr großen Orgeln oder bei zu großem Abstand des Spieltischs von den Pfeifen ist diese Traktur nicht mehr anwendbar.
- Pneumatische Traktur: Die Schaltbefehle des Spieltisches werden über ein Röhrensystem pneumatisch, also durch Druckluft, übertragen. Sie erlaubt keinen Einfluss auf die Tongebung und verursacht zwischen Anschlag und Toneinsatz eine unter Umständen störende Verzögerung. Diese Traktur ist auch bei sehr großen Orgeln anwendbar.
- Elektrische Traktur: Die Schaltbefehle des Spieltischs werden rein elektrisch übertragen. Auch bei dieser Traktur kann der Organist beim Anschlag keinen Einfluss auf die Tongebung nehmen. Orgelgröße und Standort des Orgeltisches spielen bei dieser Traktur keine Rolle.
E-Orgel
Elektronische Orgeln (E-Orgeln) gibt es in einer solchen Vielfalt von Funktionsprinzipien, Ausstattungen und Qualitätsunterschieden, dass es kaum möglich ist, das Musikinstrument Elektronische Orgel zu beschreiben. Ausgangspunkt der Entwicklung Elektronischer Orgeln waren mechanisch-elektrische Systeme zur Erzeugung elektrischer Schwingungen, die dann über Lautsprecher abgestrahlt wurden. Als Schwingungserzeuger mechanisch erzeugter Schwingungen dienen schwingende Saiten und Zungen sowie rotierende Zahnscheiben. Die Umwandlung in elektrische Signale erfolgt elektromagnetisch, elektrostatisch, elektroakustisch oder elektrooptisch. Beim Neo-Bechstein-Flügel z. B. wird eine Saitenschwingung elektromagnetisch abgenommen, bei Elektrochord elektrostatisch. Das Elektronium wandelt Zungenschwingungen elektromagnetisch um, die Wurlitzer-Orgel elektrostatisch, das Ranger-Harmonium elektrooptisch.
Synthesizer
Der Synthesizer stellt ein elektronisches Musikinstrument mit fast unbegrenzten Möglichkeiten zur Erzeugung synthetischer Klänge dar. Er besteht aus mehreren Frequenzgeneratoren, Rauschgeneratoren sowie Modulatoren (Konturgeneratoren), die vorwiegend die Amplituden der Klänge beeinflussen (Ein- und Ausschwingvorgänge, Tremolo, Vibrato usw.). Hinzu kommen in weiten Grenzen veränderbare Filter und eine Mischeinrichtung. Alle Generatoren und Filter können durch Gleichspannungen gesteuert werden, eine Erfindung von Robert A. Moog, die 1964 zur Konstruktion des ersten Synthesizers führte. So kann eine Gleichspannung z. B. die Frequenz eines Generators oder die Frequenzlage eines Filters steuern, aber auch den zeitlichen Verlauf der Hüllkurve oder der Filtereinstellung.